Viele Weggefährtinnen und -gefährten waren gekommen, um mit uns ein unterhaltsames, spannendes, informatives und leckeres Jubiläum zu feiern.
Aber der Reihe nach: Der erste Eindruck, den der Rathaussaal in Wildeshausen in seinem durch die Hauswirtschaftsklassen der ortsansässigen BBS nochmal verschönerten Zustand vermittelte, war WOW! Die von den Schülerinnen und Schülern dekorierten Stehtische und das Büfett trafen nicht nur den richtigen Farbton (grün) sondern auch genau den Geschmack des Brücke-Teams: nicht aufdringlich, aber festlich – dem Anlass des Abends entsprechend! Denn es sollte ein Vierteljahrhundert Brücke-Arbeit im Landkreis Oldenburg gefeiert werden. Und so geschah es auch: Die Gäste aus Jugend- und Beratungseinrichtungen, der lokalen Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Justiz, Polizei, Service-Clubs sowie andere Interessierte waren unserer Einladung gefolgt und gratulierten. Alle wurden bei einem Empfang von den Schülerinnen und Schülern hervorragend versorgt.
Es wurde Zeit für die Begrüßung durch unseren Vereinsvorsitzenden Joachim Musch, der kurz auf die Geschichte des Projektes Wildeshausen einging und sich zur alten und zur gerade erst neu bezogenen Unterkunft äußerte. Nicht ohne einen kleinen Seitenhieb auf den Umgang mit der Villa Knagge, die uns bis vor kurzem eine zwar alte, aber sehr stilvolle Bleibe war. Mit mehr Verantwortungsbewusstsein auf Seiten der Eigentümerin hätte sie das sicherlich auch noch länger bleiben können. Lob gab es für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Landkreis Oldenburg und der Stadt Wildeshausen in den Jahren seit der Gründung des Brücke-Projektes. Zu unserem Glück fehle jetzt nur noch ein weiterer Raum im neuen Domizil am Mühlendamm 1, so Musch augenzwinkernd.
Nach der Begrüßung wurde es „beswingt“! Die „Swing Club Singers“ unter Leitung von Rafael Jung gaben eine erste Kostprobe ihres Könnens und nicht wenige im Publikum nahm der Schwung mit: Beine und Köpfe kamen in Bewegung. Der eine oder die andere mögen sich geärgert haben, dass sie auf ihrem Allerwertesten saßen…
Bei den nun folgenden Grußworten des Hausherren und Bürgermeisters von Wildeshausen, Jens Kuraschinski, wurden das gute Verhältnis der Stadt und der Brücke sowie die wichtigen Angebote für die jungen Menschen hervorgehoben. Auch im anschließenden Redebeitrag des Ersten Kreisrates, Christian Wolf, der den später eintreffenden Landrat Carsten Harings vertrat, gab es Dank für die wertvolle Arbeit des Projektes für den Landkreis und die gute Zusammenarbeit. Die Grußworte, so verriet er dem Publikum schmunzelnd, wären im Übrigen dieselben, die der Landrat in der Tasche hatte.
Die nächsten musikalischen Swing-Stücke veranlassten den Festredner, Prof. Dr. Christian Pfeiffer, zu Beginn des Festvortrags zu mutmaßen, dass die Presse am nächsten Tag über ein tolles Konzert mit Redebeiträgen berichten würde. Er sprach dann über die Gründung der ersten Brücke in München, deren Idee quasi als Nebenprodukt einer verhinderten Beziehungsanbahnung entstand. Durch eine glückliche Kontaktaufnahme zum damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der Verbindungen zu Walter Scheel und Richard von Weizäcker vermittelte, ohne damals zu wissen, dass er damit gleich zwei zukünftige Bundespräsidenten mit ins Boot holte, kam Schwung in die Sache und die erste Brücke zwischen Knast und Zivilgesellschaft wurde geschlagen. Damals ging es um Abos von Tageszeitungen für Häftlinge. In der Folge wurden dann Sozialarbeiter eingestellt und erste ambulante Maßnahmen für straffällige Jugendliche, wie Sport, Lust auf Leben oder Handwerksgruppen, wurden entwickelt. Das war 1979 und es sollte noch lange dauern, bis die Erfolge dieser und anderer Brücken im ganzen Land, in einer Gesetzesnovelle des Jugendgerichtsgesetzes 1990 mit einer juristischen Basis geadelt wurden. In deren direkter Folge gründete sich 1991 dann auch das Brücke-Projekt Wildeshausen. Nachdrücklich schilderte Professor Pfeiffer anschließend, wie gut die Polizei heute arbeitet und damit den Grundstein zu einer erfolgreichen Absenkung der Jugenddelinquenz lege. Denn Abschreckung sei nicht das Mittel, um die Anzahl der Straftaten zu senken, sondern die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden. Die richtige Reaktion der Gerichte – nicht mit Härte, sondern mit sinnvollen und sinngebenden Maßnahmen, wie den Angeboten der Brücke, verstärke diese Abwärtsentwicklung der Taten. Auch die Mär der immer brutaleren Jugend widerlegte er durch Zahlen. Die Brutalität nähme nicht zu, vielmehr ab. Die Ursache hierfür brachte er auf die Formel „Mehr Liebe – weniger Hiebe!“. Durch die heute grundgesetzlich festgeschriebene Gewaltfreiheit in der Erziehung, gäbe es insgesamt weniger Gewalt. Durch die Rede der Preisträgerin Astrid Lindgren anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1978 begann ein Umdenken in diese Richtung in Deutschland, so Pfeiffer. In seiner mitnehmenden Art und Weise streifte der Vortrag noch die Themen Machismos, innovative Ideen in der Arbeit mit straffälligen jungen Menschen - wobei der Brücke e. V. Delmenhorst für sein CyberCrime-Seminar großes Lob erfuhr - und die Herausforderungen der Migration. Gut eine Stunde verging so wie im Flug. Als Dank erhielt Professor Pfeiffer, der die Welt sonst sehr bodenständig erforscht, einen Kalender mit Aufnahmen der Welt von oben und – wie es sich für einen Kriminologen gehört – einen Lokalkrimi aus Wildeshausen.
Nach weiteren Stücken der Swing Club Singers bekamen wir großzügige Spenden vom Rotary Club Wildeshausen und dem Lions Club Delmenhorst. Die Rotarier nutzten auch gleich die Gelegenheit und beauftragten unsere Holzwerkstatt mit dem Bau eines neuen Rednerpults für deren Clubraum. Der bisherige, den auch die Brücke gebaut hatte, war bei einem Brand zerstört worden.
Zum gemütlichen Ausklang des Abends mit vielen interessanten Gesprächen wurden Kanapees und Getränken gereicht. Sie wurden durch die Hauswirtschaftsklassen der BBS Wildeshausen hergestellt und serviert.
Die folgenden Bilder zeigen den Abend in chronologischer Reihenfolge. Per Klick lassen sie sich vergrößern und als Diashow ansehen.